21.08.2023, Deutschland

Vergabestellen können Aufwand begrenzen

Öffentliche Auftraggeber müssen Planungsleistungen im wettbewerblichen Vergabeverfahren ausschreiben. Bisher konnten sie diese Leistungen vorwiegend national und nach den vereinfachten Vorgaben der Unterschwellenvergabeordnung (UVgO) vergeben. Doch der Bund hat die Vergabeverordnung so angepasst, dass Planungsleistungen nun überwiegend europaweit ausgeschrieben werden müssen. Vergabestellen können sich dabei die Arbeit erleichtern.

Auch wenn die Streichung des Paragrafen 3 Absatz 7 Satz 2 Vergabeverordnung (VgV) vergaberechtlich konsequent sein mag, wird sie in der Ausschreibungspraxis dazu führen, dass Planungsleistungen nun überwiegend europaweit ausgeschrieben werden müssen. In Deutschland beträgt der Anteil aller Planungskosten an den Gesamtbaukosten üblicherweise 26 Prozent. Legt man den EU-Schwellenwert von 215.000 Euro für Planungsleistungen zugrunde, bedeutet dies, dass Planungsleistungen bereits europaweit ausgeschrieben werden müssen, wenn die Gesamtbaukosten des Bauvorhabens 860.000 Euro betragen.

Vergabeverordnung bietet einige Handlungsmöglichkeiten

Doch bei einer guten Vorbereitung des Verfahrens bietet das Vergaberecht den Auftraggebern hinreichende Handlungsmöglichkeiten, um Planungsleistungen auch dann zügig und rechtssicher vergeben zu können. Viele Experten gehen davon aus, dass die neue Sachlage dazu führt, dass Planungsaufträge EU-weit vermehrt im Verhandlungs– oder im offenen Verfahren ausgeschrieben werden.

Für Auftraggeber ist das offene Verfahren einfacher, weil es weniger Aufwand bedeutet. Es darf dann angewendet werden, wenn der Auftraggeber die Planungsaufgabe hinreichend beschreiben kann (Paragraf 14 VgV). Zu den Handlungsmöglichkeiten für Vergabestellen gehört insbesondere die Möglichkeit, die Verfahrensfristen zu verkürzen. Sofern die Vergabestelle bei einem nicht offenen Verfahren oder einem Verhandlungsverfahren einen vorgeschalteten Teilnahmewettbewerb durchführt, beträgt die Mindestfrist zur Abgabe der Teilnahmeanträge regelmäßig 30 Tage.

Bei besonderer Dringlichkeit, für deren Umstände der Auftraggeber nicht verantwortlich ist, muss die Teilnahmefrist lediglich zehn Tage betragen (siehe Paragraf 1 Absatz 3 VgV). Auch die Angebotsfristen können erheblich verkürzt werden. Je nach Verfahrensart beträgt die Regelangebotsfrist zwischen 25 und 30 Tagen. Veröffentlicht der Auftraggeber rechtzeitig eine Vorabinformation über die beabsichtigte Ausschreibung, darf die Angebotsfrist auf zehn Tage verkürzt werden (Paragraf 38 Absatz 3 Nummer 2 VgV).

Weiter kann das Vergabeverfahren zulässigerweise beschleunigt werden, indem Vergabestellen eine Nachforderung fehlender Unterlagen der Bieter bereits mit der Bekanntmachung ausschließen (Paragraf 56 Absatz 2 Satz 2 VgV) oder sich in einem Verhandlungsverfahren mit oder ohne Teilnahmewettbewerb den Zuschlag auf das Erstangebot der Bieter vorbehalten (Paragraf 17 Absatz 11 VgV). Auch eignet sich der Abschluss von Rahmenvereinbarung mit Fachplanern (Paragraf 21 VgV), um die notwendigen Planungsleistungen für ein Bauvorhaben zügig zu beauftragen.

Bislang ermöglichte die Regelung des Paragrafen 3 Absatz 7 Satz 2 VgV den Vergabestellen, dass sie den Auftragswert für Planungsleistung nur innerhalb der jeweiligen Leistungsbilder der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) beziehungsweise für gleichwertige Leistungen berechnen mussten. So konnten gleichartige Planungsleistungen (Architektenleistungen, Tragwerksplanung, Technische Gebäudeausrüstung) für dasselbe Bauvorhaben in Lose aufgeteilt und oftmals unterhalb des EU-Schwellenwerts ausgeschrieben werden, da die Auftragswerte der Planungsleistungen in den verschiedenen Leistungsbildern nicht addiert wurden.

Seit Inkrafttreten dieser Regelung gab es allerdings Uneinigkeit darüber, ob diese europarechtskonform ist. Die EU-Kommission hatte Deutschland vorgeworfen, dass eine solche Sonderregelung für Planungsleistungen in der EU-Richtlinie (2014/24/EU) nicht vorgesehen sei. Daraufhin hatte sie ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet.

Nachteile für kleinere und mittelständische Fachplaner

Folge war die Streichung des Paragrafen 3 Absatz 7 Satz 2 VgV. Damit müssen Vergabestellen nun sämtliche Planungen für ein Bauvorhaben bei der Berechnung des Auftragswerts berücksichtigen. Der geschätzte Gesamtwert aller Lose ist zugrunde zu legen. Erreicht oder überschreitet der Gesamtwert aller Lose den EU-Schwellenwert für Planungsleistungen, sind sämtliche Leistungen der einzelnen Lose in einem europaweiten Vergabeverfahren zu vergeben.

Die Berufsverbände von Architekten und Fachplanern sahen die Streichung kritisch. Sie befürchten erheblichen Mehraufwand für öffentliche Auftraggeber bei der Vergabe der Planungsleistungen, zeitliche Verzögerungen bei der Durchführung von Bauvorhaben und dass Total- oder Generalunternehmern zulasten kleinerer und mittelständischer Fachplaner bevorzugt werden.

QUELLE

Staatsanzeiger, Ausgabe 32, 18. August 2023

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