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21.02.2024

Präqualifikation heißt nicht automatisch geeignet

Das sogenannte „Präqualifikationsverfahren“ soll sowohl den Bietern als auch Ihnen als Vergabestelle eine Vereinfachung bei der Teilnahme an Vergabeverfahren ermöglichen. Bei einem Präqualifikationsverfahren wird auftragsunabhängig geprüft, ob ein Bieter die Eignungsvoraussetzungen erfüllt. Die Präqualifikation von Bietern entbindet diese aber nicht von dem Nachweis, dass die Eignungskriterien im konkreten Fall erfüllt sind. Erfüllen die im Präqualifikationsverzeichnis hinterlegten Referenzen die Anforderungen etwa an die Vergleichbarkeit nicht, so sind sie inhaltlich unzureichend. Das hat die Vergabekammer Baden-Württemberg klargestellt.

Was war passiert?

Der öffentliche Auftraggeber (Antragsgegner im Vergabenachprüfungsverfahren) hatte mit europaweiter Auftragsbekanntmachung die Errichtung eines Büroneubaus ausgeschrieben. Einziges Zuschlagskriterium sollte der Preis sein. In den Vergabeunterlagen waren u.a. Referenzen zum konstruktiven Holzbau sowie die Eintragung in die Handwerksrolle gefordert. Darüber hinaus wurde angegeben, dass präqualifizierte Unternehmen den Nachweis der Eignung auch durch den Eintrag in die Liste des Vereins für die Präqualifikation von Bauunternehmen e.V. führen können. Die spätere Antragstellerin gab ein Angebot in dem Vergabeverfahren ab und verwies auf ihre Präqualifizierung unter Benennung der Präqualifikationsverzeichnis eingetragenen PQ Nummer und erklärte, sie werde alle Leistungen im eigenen Betrieb ausführen. Das mit dem Angebot eingereichtem Formblatt wies hingegen Zuschläge für Nachunternehmerleistungen aus.

Das Angebot der späteren Antragstellerin war das preislich günstigste. Über die Vergabeplattform schrieb der Antragsgegner die spätere Antragstellerin an und teilt ihr mit, dass die in PQ-Verzeichnis hinterlegten Unterlagen keine Referenznachweise aus dem Bereich des konstruktiven Holzbaus enthalte, was aus Sicht der Auftraggeberin im Hinblick auf die Referenznachweise aber zwingend sei, weil der konstruktive Holzbau Teil der ausgeschriebenen Leistung sei. Der Auftraggeber forderte die spätere Antragstellerin auf, eine entsprechende Referenzbescheinigung nachzureichen. Darüber hinaus forderte die Auftraggeberin die Antragstellerin auf, zu erklären, ob sie nun Nachunternehmer einsetzte (Formblatt) oder Leistungen im eigenen Betrieb erbringe.

Im Nachgang legte die Antragstellerin zwar weitere Unterlagen, insbesondere zu Nachunternehmern, vor. Aus den Nachunternehmerunterlagen ergab sich mittelbar aus den Angaben der Nachunternehmer, dass eine Eignungsleihe beabsichtigt war.

Der Antragsgegner schloss das Angebot der Antragstellerin daraufhin mit der Begründung aus, dass im Angebot der Antragstellerin weder die geforderten Unterlagen enthalten waren noch rechtzeitig vorgelegt wurden. Die Antragstellerin rügte sodann den Angebotsausschluss. Sie machte geltend, dass sie sämtliche bekanntgemachten Eignungsanforderungen nachgewiesen hatte und keine eignungsrelevante Nachunternehmer einsetze. Die Antragsgegnerin wies die Rüge zurück. Das begründete sie damit, dass die im Präqualifikationsverzeichnis hinterlegten Referenzen nicht den bekanntgemachten Anforderungen genügten. Die Antragstellerin erhob daraufhin Vergabenachprüfungsantrag zur Vergabekammer Baden-Württemberg.

Entscheidung der Vergabekammer Baden-Württemberg

Ohne Erfolg! Die Vergabekammer wies den Nachprüfungsantrag zurück. Der Ausschluss des Angebots sei rechtmäßig. Die Vergabestelle durfte den Angebotsausschluss darauf stützen, dass die Eignungsanforderungen nicht erfüllt wurden; die im Präqualifikationsverzeichnis hinterlegten Nachweise entsprachen inhaltlich nicht den bekanntgegebenen Anforderungen. Die Vergabekammer stellte insofern klar, dass der Eignungsnachweis durch Eintragung in das Präqualifikationsverzeichnis (§ 122 Abs. 3 GWB i.V.m. § 6b Abs. 1 Nr. 1 VOB/A EU) die Antragstellerin nicht davon entbindet, ihre technische und berufliche Leistungsfähigkeit durch entsprechende Nachwiese (hier: drei mit der ausgeschriebenen Leistung vergleichbare Referenzleistungen) nachzuweisen; ihr wird durch die Präqualifikation nur die Führung des Nachweises erleichtert (Vermutung der Richtigkeit der hinterlegten Nachweise). Darüber hinaus war der Angebotsausschluss auch deshalb gerechtfertigt (§ 15 VOB/A EU), weil trotz Aufforderung nicht rechtzeitig darüber aufgeklärt wurde, ob eine Eignungsleihe beabsichtigt ist oder nicht.

Praxisfolgen

Die Entscheidung schärft den Blick dafür, dass Bieter vor Einreichung ihres Angebotes überprüfen müssen, ob die im Präqualifikationsverzeichnis hinterlegten Nachweise den Anforderungen des Auftraggebers entsprechen oder noch durch weitere Unterlagen ergänzt werden müssen; das Präqualifikationsverfahren bietet insofern keinen „Freifahrtschein“, sondern soll nur die Nachweisführung erleichtern. Für Sie als Vergabestellen zeigt die Entscheidung, dass auch die im Präqualifikationsverzeichnis hinterlegten Nachweise mit Blick auf den konkreten Auftrag genau geprüft werden und ggf. Konsequenzen gezogen werden müssen.

Dr. Corina Jürschik, LL.M. ist Rechtsanwältin und Fachanwältin für Vergaberecht bei OPPENLÄNDER Rechtsanwälte, Stuttgart. Sie ist seit vielen Jahren im Bereich der öffentlichen Auftragsvergabe tätig. Sie unterstützt Bieter und Bewerber in Vergabeverfahren bei der Wahrung ihrer Rechte und berät öffentliche Auftraggeber bei der rechtssicheren Gestaltung von Vergabeverfahren.

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