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26.07.2022, Deutschland

Vergabe von Postdienstleistungen – gesamt oder losweise?

Bei der Vergabe von Postdienstleistungen ist die Frage nach der richtigen Losaufteilung ein „Dauerbrenner“ vor den Vergabenachprüfungsinstanzen. Dies betrifft nicht nur die Aufteilung in Gebietslose (Mengenlose), sondern auch die vergaberechtskonforme Fachlosbildung. Ob das Drucken/Kuvertieren und der anschließende Postversand von Briefen gesamt vergeben werden können, hat die Vergabekammer des Bundes kürzlich entschieden.

Was war passiert?

Mit europaweiter Auftragsbekanntmachung schrieb der Auftraggeber die Vergabe von Postdienstleistungen aus. Die Vergabe war in vier Gebietslose aufgeteilt. Jedes Los sollte Druck, Kuvertierung sowie Versand und Zustellung der Briefe umfassen. Ein Bieter rügte die unterlassene Aufteilung der ausgeschriebenen Leistungen in die Fachlose „Druck/Kuvertierung“ und „Versand/Zustellung“ und griff die Entscheidung des Auftraggebers vor der Vergabekammer des Bundes an.

Die Entscheidung der Vergabekammer

Der Nachprüfungsantrag hatte keinen Erfolg. Nach Auffassung der Vergabekammer ist die Gesamtvergabe von Druck, Kuvertierung und Postversand zulässig. Ihre Begründung:

Leistungen sind gem. § 97 Abs. 4 Satz 2 GWB in der Menge aufgeteilt und getrennt nach Art oder Fachgebiet zu vergeben. Welche Teilleistung als ein Fachlos angesehen werden kann, bestimmt sich zunächst nach gewerberechtlichen Vorschriften und der allgemeinen oder regional üblichen Abgrenzung. Dabei ist auch wichtig, ob sich für spezielle Arbeiten ein eigener Markt herausgebildet hat.

Das Drucken und Kuvertieren sowie der anschließender Postversand der Briefe sind grundsätzlich Leistungen getrennter Märkte. Dies folgt nicht nur aus der fachlichen Abgrenzbarkeit der Leistung der physischen Herstellung eines Schreibens und dessen anschließender Beförderung zum Empfänger. Vielmehr sprechen auch rechtliche Aspekte für eine Trennung. Denn die Leistung des Postversands bedarf einer gesonderten Genehmigung nach § 5 PostG, so dass schon aus diesem Grund nicht jeder Druckunternehmer die erzeugten und kuvertierten Briefe an den Empfänger befördern darf.

Da die losweise Vergabe grundsätzlich vorrangig ist, dürfen Sie als öffentlicher Auftraggeber nur aus wirtschaftlichen oder technischen Gründen von diesem Grundsatz abweichen. Erforderlich ist, dass Sie sich mit dem Gebot einer Fachlosvergabe und den dagegen sprechenden Gründen umfassend auseinandersetzen und die Gründe gegeneinander abwägen. Sollten Sie sich für eine Gesamtvergabe entscheiden, so müssen die Gründe dafür überwiegen.

Nach Ansicht der Vergabekammer war die Trennung in Gebiets- und nicht in Fachlose rechtens.

Maßgeblich für die Gesamtvergabe von „Druck/Kuvertierung“ und „Versand/Zustellung“ waren die vom Auftraggeber angeführten finanziellen Mehraufwendungen. Diese entstehen durch zusätzliche Schnittstellen, die erforderlich sind, wenn Druck und Kuvertierung einerseits sowie Postversand und Zustellung andererseits an zwei Auftragnehmer vergeben werden. Nach der auf Erfahrungswerten beruhenden Auftragswertschätzung des Auftraggebers entstünden durch die Fachlosaufteilung Mehrkosten in Höhe von knapp 40 Prozent. Diese Erwägung ist nach Auffassung der Vergabekammer plausibel, so dass in diesem Einzelfall der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit der Vergabe das Gebot der Losbildung überwiegt.

Bedenken Sie auch: Weitere Schnittstellen bedeuten zusätzliche technische Risiken für die ordnungsgemäße Leistungserbringung. Sie dürfen sich für einen sicheren Weg der Leistungserbringung entscheiden und müssen keine unnötigen Risiken eingehen.

Praxistipp

Die Entscheidung der Vergabekammer des Bundes reiht sich in die gängige Rechtsprechung ein, wonach technische und – wie vorliegend – insbesondere wirtschaftliche Gründe eine Gesamtlosvergabe rechtfertigen können. Im Bereich der Hybridpostvergabe bzw. dem Einsatz eines digitalen Postausgangs lässt sich grundsätzlich festhalten, dass eine Fachlosaufteilung nicht erforderlich ist, sondern Druck, Kuvertierung, Postversand und Zustellung gesamthaft vergeben werden können. Beachten Sie aber, dass Sie stets im Einzelfall prüfen müssen. Wichtig ist auch ordnungsgemäße Dokumentation der Entscheidung in einem Vergabevermerk vor Einleitung des Vergabeverfahrens.

QUELLE

AUTOR

Dr. Florian Krumenaker, LL.M, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Vergaberecht

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