18.03.2020, Deutschland

Das ABC der Vergabekriterien

Für die Entscheidung relevante Merkmale werden als Kriterien bezeichnet. Um die Bedeutung dieser Merkmale zu verdeutlichen, werden Kriterien in verschiedene Gruppen eingeteilt. Beispielsweise gibt es A- (Ausschluss-), B- (Bewertungs-), F- (Fakultatives), Z- (zwingende) oder I- (informative) Kriterien im Rahmen von Vergabeverfahren.

Formale Kriterien

Die Vergabegrundsätze geben zunächst allgemein und unabhängig vom konkreten Ausschreibungsinhalt Grundsätze vor, die insbesondere die Gleichbehandlung der Bieter und damit den fairen Wettbewerb sichern sollen. Werden diese Bedingungen nicht erfüllt, muss das Angebot vom Verfahren ausgeschlossen werden. Diese Bedingungen können deshalb auch als Ausschlusskriterien bezeichnet werden.

Hierzu nennt das Gesetz z. B. im § 123 GWB zwingende Ausschlussgründe – also zwingende Ausschlusskriterien. Trifft eine Fallgruppe auf einen Bieter zu, muss der Auftraggeber das Angebot zwingend ausschließen.

Zwingend oder unabdingbar bedeutet, dass diese Rechtsnormen nicht durch vertragliche Vereinbarungen aufgehoben oder abgeändert werden können. Zwingende Ausschlusskriterien sind z. B. verspätet eingereichte Angebote, unzulässig geänderte Angebote oder nicht zugelassene Nebenangebote.

Der Begriff fakultativ bedeutet nicht verbindlich, sondern dem eigenen Ermessen überlassen oder freiwillig. Im § 124 GWB werden solche fakultativen Ausschlussgründe aufgelistet, z. B. schwere Verfehlungen, Zahlungsunfähigkeit, Interessenkonflikte, Wettbewerbsverzerrungen.

Das sind Anknüpfungspunkte, die nicht eindeutig sind, sondern individuell betrachtet und bewertet werden müssen. Bei diesen fakultative Ausschlusskriterien hat der öffentliche Auftraggeber einen Ermessens – bzw. Entscheidungsspielraum.

Bewertungskriterien

Der Auftraggeber muss außerdem die Kriterien angeben (z. B. gemäß § 51 VgV) anhand deren er die Auswahl unter den als geeignet angesehenen Bewerbern vornehmen will.

Auswahlkriterien sind also die vom Auftraggeber gewünschten Merkmale des Ausschreibungsgegenstands. Dabei ist durchaus möglich, dass der Auftraggeber sich viele Eigenschaften wünscht, die Bieter aus verschiedenen Gründen nicht alle (gleichzeitig) erfüllen kann.

Werden Auswahlkriterien nicht erfüllt, führt dies nicht automatisch zum Angebotsausschluss, allerdings natürlich zu einer schlechteren Bewertung, als bei Mitbewerbern, die diese Wunschkriterien (besser) erfüllen. Diese Auswahlkriterien werden deshalb auch Bewertungskriterien genannt.

Zuschlagskriterien

Die Vergabestelle ist verpflichtet, Kriterien zur Bewertung der Wirtschaftlichkeit des Angebots festzulegen (=Zuschlagskriterien).

Dies sind Kriterien, mit denen der Auftraggeber den Zielerfüllungsgrad der Angebote bestimmen und anhand derer er die Angebote untereinander vergleichen kann. Die Zuschlagskriterien müssen nach § 127 Abs. 3 Satz 1 GWB mit dem Auftragsgegenstand in Verbindung stehen.

Eignungskriterien

Damit der Auftraggeber sich der Auftragserfüllung möglichst sicher sein kann, dass der ausgeschriebene Auftrag tatsächlich wunschgemäß ausgeführt werden kann, legt er Anforderungen oder auch Eignungskriterien fest, die ein Bieter bzw. Bewerber erfüllen muss.

Hierbei werden drei verschiedene Bereiche unterschieden:

1. Die Befähigung und Erlaubnis zur Berufsausübung: z. B. Nachweise einer geforderten qualifizierten (Meisterbrief, bestimmter Studienabschluss) Eintragung in das Handelsregister

2. Die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit: z. B. Mindestjahresumsatz, Information über Bilanzen, Berufs- und Betriebshaftpflichtversicherung‘

3. Die technische und berufliche Leistungsfähigkeit: z. B. Vorhandensein technischen Know-hows und technischer Mittel, Referenzen als Nachweis der Erfahrung. Wichtig ist, dass Merkmale, die bereits in den Eignungskriterien berücksichtigt werden, nicht erneut im Bereich der Zuschlagskriterien genutzt werden dürfen und umgekehrt.

Informative Kriterien

Weiter gibt es Kriterien, die nicht direkt mit Ja oder nein, bzw. erfüllbar oder nicht erfüllbar zu beantworten sind. Diese erfordern z. B. eine eigene Idee, ein Konzept. Solche Konzeptionellen oder informativen Kriterien eröffnen Spielräume in der Angebotsgestaltung. 

 

Über den Autor: 

Melina Eberts, LL.M. ist Rechtsanwältin in Heppenheim mit den Schwerpunkten Arbeitsrecht und Bau- & Immobilienrecht. Sie berät ihre Mandanten insbesondere bei der Vertragsgestaltung und Vertragsabwicklung. Als freie Mitarbeiterin unterstützt sie die Redaktion von „ibr-online“ und „vpr-online“ und ist Ansprechpartnerin für das Vergaberecht. Dabei bereitet sie aktuelle gerichtliche Entscheidungen auf und betreut die Online-Dienste, sowie die zweimonatlich erscheinende Zeitschrift „VPR – Vergabepraxis & -recht“. 

 

Kontakt:

Melina Eberts

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