13.03.2009, Baden-Württemberg

Konjunkturpaket II "auch ein Beitrag gegen kommunalen Investitionsstau"

Baden-Baden. Peter Götz (CDU) ist seit 1990 Bundestagsabgeordneter – und zugleich der Kommunalpolitik wohl stärker verhaftet geblieben als die meisten seiner Kollegen, wie unter anderem sein Amt als Bundesvorsitzender der Kommunalpolitischen Vereinigung der CDU und CSU bezeugt. Im Gespräch mit Christoph Müller erläutert Götz, welche Chancen seiner Meinung nach das Konjunkturpaket II den Städten und Gemeinen bietet – ein Thema, zu dem er heute von 12 bis 14 Uhr auch in Pfaffenweiler aus Anlass eines kommunalpolitischen Mittagessens der CDU sprechen wird.

Warum wird das Konjunkturpaket II ein voller Erfolg für die Kommunen werden?

Das Konjunkturpaket II ist auch ein Beitrag zum Abbau des kommunalen Investitionsstaus. Insofern ist dies sowohl konjunkturpolitisch als auch kommunalpolitisch ein wichtiger und richtiger Schritt. Mit kommunalen Investitionen werden Arbeitsplätze vor Ort gesichert. Wenn Investitionen in Bildungseinrichtungen mit dem Schwerpunkt energetische Sanierung erfolgen ist dies gut für die Wirtschaftlichkeit kommunaler Einrichtungen, gut für heimische Arbeitsplätze, gut für Klima und Umweltschutz. Wenn das Programm richtig umgesetzt wird, und die Wirtschaft wieder anspringt, können wir nach der Krise gestärkt und wettbewerbsfähiger sein.

Die energetische Gebäudesanierung steht sehr im Mittelpunkt bei der Förderung. Ist das nicht ein bisschen einseitig, und gerade mit Blick auf den doch vorrangigen Bildungscharakter von Schulden und Universitäten wenig investiv?

Das ist kein Widerspruch. Eine überwiegend energetische Sanierung von Bildungseinrichtungen schließt die Förderung von damit im Zusammenhang stehenden Maßnahmen nicht aus. Übrigens ist das Vorhalten funktionierender Räumlichkeiten neben dem Lehrkörper und den Lehrmitteln ein wichtiger Bestandteil und Kostenfaktor in der Bildungspolitik. Ich habe kein Verständnis dafür, Lehrkräfte und Schulgebäude politisch gegeneinander auszuspielen. Das hilft den Schülerinnen und Schülern nicht weiter!

Was sagen Sie zur Verteilung der Gelder aus dem Konjunkturpaket in ihrem Heimatbundesland? Als vorbildlich haben Sie im Bundestag jedenfalls andere gepriesen, die mehr als 70 Prozent der Gelder an die Kommunen weiterreichen: Nordrhein-Westfalen, Sachsen, das Saarland…

Die verschiedenen Regionen sind unterschiedlich aufgestellt. Länderspezifische Anpassungen sind deshalb von Seiten des Bundes ausdrücklich gewollt. Auch die Landesregierung von Baden-Württemberg ist mit ihrem zusätzlich aufgelegten Infrastrukturprogramm ein Vorbild für andere. Beide Programme werden hierzulande schnell und mit so wenig Bürokratie wie möglich umgesetzt. Überall dort, wo es vertretbar ist, sind Verfahrenserleichterungen vorgesehen. In diesem Sinne hat sich die Landesregierung mit den kommunalen Landesverbänden auf eine teilweise pauschale Verteilung der Mittel des Zukunftsinvestitionsprogramms des Bundes verständigt. Ich sehe das sehr positiv. Unabhängig davon begrüße ich es, dass einige Länder mehr als die gesetzlich geforderten 70 Prozent der Bundesmittel an die Kommunen geben.

Das Konjunkturpaket II sieht auch Maßnahmen vor, die Sie als Bürokratieabbau einstufen. Ist aber etwa die Lockerung des Vergaberechts, die schnellere Umsetzung von Aufträgen ermöglichen soll, tatsächlich so hilfreich und sinnvoll? Viele kritisieren, bei einer beschränkten Ausschreibung kämen verstärkt regionale Anbieter zum Zuge, die teurer seien als die Konkurrenz, wohingegen die gewünschte Beschleunigung der Verfahren keineswegs erreicht werde. Nicht umsonst hat doch die Gemeindeprüfungsanstalt noch 2007 ausdrücklich zu niedrigen Wertgrenzen geraten?

Die aktuelle Situation ist nicht mit der von 2007 vergleichbar. Um der Krise entgegenwirken zu können müssen die öffentlichen Mittel schnell wirksam werden. Darin sind sich alle Wirtschaftsexperten einig. Es geht nicht um regionale Bevorzugung oder Benachteiligung. Es geht primär um schnelle konjunkturwirksame Krisenreaktion. Die Bundesregierung hat deshalb auch Vorschläge der kommunalen Spitzenverbände zur auf 2 Jahre befristeten Beschleunigung von Vergabeverfahren aufgegriffen und die Wertgrenzen für beschränkte und freihändige Vergaben erhöht. Derzeit schließen sich die Länder den Vorgaben des Bundes zur Vereinfachung der Verfahren zur Vergabe von Bau-, Liefer– und Dienstleistungsaufträgen inhaltlich an. Heimische Anbieter müssen nicht zwangsläufig teurer sein. Das ist sehr zu begrüßen.

Begünstigt das Konjunkturpaket II, mit der Belohnung der sogenannten „Zusätzlichkeit“ von Maßnahmen nicht die Falschen? Solche Kommunen nämlich, die ihren Haushalt für 2009 nicht bereits im vergangenen Jahr verabschiedet haben, sondern immer noch daran herumdoktorn und nun einfach leichter noch weitere Ausgaben hineinschreiben können, wohingegen solide Haushälter befürchten, weniger Geld als jene zu erhalten?

Da ist leider etwas Wahres dran. Kommunen ohne beschlossenen Haushaltsplan können das Kriterium der Zusätzlichkeit von Maßnahmen kurzfristig leichter erfüllen. Da wir die Finanzhilfen des Bundes schnell und auf unkompliziertem Weg ausschütten wollen, mussten wir diesen Effekt in Kauf nehmen. Am Ende werden jedoch alle Kommunen Zugang zu den Mitteln finden. Dies ergibt sich aus der pauschalierten Verteilung der Mittel des Zukunftsinvestitionsprogramms, wie sie auch Baden-Württemberg teilweise vornimmt. Ich bin fest davon überzeugt: Die Kommunen in Baden-Württemberg werden sehr schnell die zur Verfügung stehenden Gelder ausschöpfen. Unser Land wird damit einen wichtigen Beitrag zur Bewältigung der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise leisten.

Sie betonen die deutsche Forschung sei in punkto Stadtentwicklung führend. Welchen Beitrag oder welche Impulse kann die deutsche Stadtforschung leisten, auch und gerade in der gegenwärtigen Krise?

In erster Linie könnte Deutschland durch die Umsetzung von Forschungsergebnissen viele Kosten einsparen. Dazu gehört unter anderem eine verbesserte energetische Gebäudesanierung, um auf dieses Thema zurückzukommen. Nicht jede städtebauliche Maßnahme hat eine gleich große wirtschaftliche und soziale Auswirkung, um Ihnen ein zweites Beispiel zu nennen. Die Forschung kann Impulse für die Städtebauförderung liefern, indem sie zuordnet, welche Maßnahmen am ehesten zur Erreichung der festgelegten Ziele beitragen. Schon während der Umsetzung erhält ein Teil der Bevölkerung Beschäftigung. In vielen Handwerksbereichen wird darüber hinaus Fachwissen aufgebaut, das dafür sorgen wird, dass es auch nach der Krise wieder zügig bergauf geht. Die Krise ist eine weltweite Krise. Sie kann am effektivsten bekämpft werden, wenn alle politischen Ebenen lokal, national und international abgestimmt zusammenarbeiten. Ein verbesserter europäischer und internationaler Austausch von Ideen und Forschungsergebnissen würde die Verbreitung von Lösungsansätzen erheblich beschleunigen. Außerdem wäre für Deutschland eine positive Auswirkung, zum Beispiel in der Form einer Nachfrage deutscher Technologien, zu erwarten. Gerade in Krisenzeiten wird dies wichtiger denn je.

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