05.02.2020, Deutschland

Zuschlagskriterien - Gewichtung - Wertung

Die Vergabestelle hat bei der Bewertung einzelner Angebote einen weiten Beurteilungsspielraum. Die Vergabekammer prüft die von der Vergabestelle vorgenommene Bewertung nur daraufhin, ob der Beurteilungsspielraum verletzt wurde, sie ersetzt aber nicht die Wertung der Vergabestelle durch eine eigene Wertung.

Dieser Beurteilungsspielraum der Vergabestelle ist verletzt, wenn das vorgeschriebene Verfahren für die Bewertung nicht eingehalten und der Sachverhalt nicht vollständig und zutreffend ermittelt wird oder wenn die von der Vergabestelle selbst aufgestellten Vorgaben nicht beachtet und sachwidrige und gegen allgemeine Bewertungsgrundsätze verstoßende Erwägungen angestellt werden.

Die Vergabestelle widerspricht z. B. selbst aufgestellten Vorgaben, wenn sie den Bietern in den Vergabeunterlagen mitteilt, dass die Bewertung der Zuschlagskriterien auf einer Notenskala von 0 bis 5 „vollen“ Punkten erfolgt, später aber einzelne Kriterien mit Zwischenwerten (3,66, 4,33 Punkte) benotet (VK Brandenburg, VPR 2020,16).

Einem allgemeinen Bewertungsgrundsatz widerspricht es nach Ansicht der VK Nordbayern, wenn für jeden Bieter zunächst die volle Punktzahl angenommen und anschließend für negative Aspekte entsprechend der Punktevorgaben Punkte abgezogen werden. Die VK Nordbayern stellte deshalb klar, dass für jeden Bieter zunächst von null Punkten auszugehen und dann für positiv zu bewertende Aspekte durch entsprechende Punkteaddition die Punktzahl zu erhöhen ist (VPR 2020, 15). Ein Bieter muss sich also seine Bewertungspunkte erst verdienen.

Damit sich der Bieter Punkte verdienen kann, müssen die Zuschlagskriterien und ihre Gewichtung in der Leistungsbeschreibung so gefasst sein, dass er erkennen kann, was der Auftraggeber von ihm erwartet (OLG Düsseldorf, VPR 2017, 82). Dazu muss der gesamte Bewertungsrahmen, also die abstrakte Darstellung, welche Aspekte bewertet und in welcher Form (z. B. durch Angabe von Schulnoten oder einer verbale Beschreibung) sie bewertet werden, vorab eindeutig festgelegt und bekannt gegeben werden. Dabei genügt eine mitgeteilte „Spannbreite“ nicht den Anforderungen an die Transparenz einer öffentlichen Ausschreibung (VK Baden-Württemberg, VPR 2017, 172).

Wichtig ist es auch zu beachten, dass die Angebotswertung immer auf Grundlage schriftlicher Angebote erfolgen muss. Denn für alle Arten von Vergabeverfahren gilt, dass Angebote grundsätzlich in Textform einzureichen sind (§ 53 Abs. 1 VgV) und sämtliche Kommunikation in einem Vergabeverfahren schriftlich erfolgen muss, wenn sie die Angebote betrifft (§ 9 Abs. 2 VgV).

Dies gilt auch für Konzepte zur Auftragsdurchführung, die Gegenstand der Angebotsbewertung sind. Die VK Rheinland erklärte eine Angebotswertung allein auf Grundlage mündlicher Ausführungen der Bieter in einem Präsentationstermin für unzulässig (Beschluss vom 19.11.2019 – VK 40/19) und meint, dass solche Ausführungen allenfalls ergänzend herangezogen werden dürfen.

Über den Autor:

Melina Eberts, LL.M. ist Rechtsanwältin in Heppenheim mit den Schwerpunkten Arbeitsrecht und Bau- & Immobilienrecht. Sie berät ihre Mandanten insbesondere bei der Vertragsgestaltung und Vertragsabwicklung. Als freie Mitarbeiterin unterstützt sie die Redaktion von „ibr-online“ und „vpr-online“ und ist Ansprechpartnerin für das Vergaberecht. Dabei bereitet sie aktuelle gerichtliche Entscheidungen auf und betreut die Online-Dienste, sowie die zweimonatlich erscheinende Zeitschrift „VPR – Vergabepraxis & -recht“.

Kontakt:

Melina Eberts

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