17.07.2015, Deutschland

Einzelne Bauabschnitte dürfen beliebig vergeben werden

Die Vergabeordnung (VgV) schreibt vor, dass der Wert eines beabsichtigten Auftrags nicht in der Absicht geschätzt und aufgeteilt werden darf, um den Auftrag der Anwendung des Vergaberechts zu entziehen (Paragraf 3 Absatz 2 VgV). Vielmehr sind die Auftragswerte einzelner Bauabschnitte einer Gesamtbaumaßnahme, die ohne die jeweils anderen Bauabschnitte keine sinnvolle Funktion erfüllen, für die Auftragswertschätzung zu addieren. Und zwar unabhängig davon, ob die einzelnen Bauabschnitte als eigenständiger Auftrag oder als Los eines Gesamtauftrages ausgeschrieben werden.

Dies schreibt nicht nur Paragraf 3 der Vergabeordnung vor. Auch das Kammergericht Berlin (KG) hat dies in einer Entscheidung (Beschluss vom 27. Januar 2015 – Verg 9/14) bestätigt. Mit Konsequenzen für die Beschaffungspraxis.

„Die Schätzung des Auftragswerts bei der Vergabe von Bauleistungen erfordert eine funktionale Betrachtung“, sagt Holger Schröder, Vergaberechtsexperte der Kanzlei Rödl und Partner in Nürnberg. „Die Durchführung von Bauarbeiten in größeren zeitlichen Abständen oder in mehreren Bauabschnitten – ganz gleich, ob als Los oder eigener Auftrag – rechtfertigt für sich genommen noch keine getrennte Auftragswertschätzung.“ Es stelle sich immer die Frage, ob ein funktionaler Zusammenhang der Bauarbeiten oder Bauabschnitte zu bejahen ist.

Dem Vergabrechtsexperten zufolge lasse sich dies mit einer Kontrollfrage abklären: „Ist die Beschaffung des einen Teils ohne den anderen Teil funktional sinnvoll?“ Wenn ja, so sind die einzelnen Auftragswerte zu addieren; andernfalls wird das Umgehungsverbot nach Paragraf 3 Absatz 2 VgV verletzt. Überdies sind bei der Schätzung des Auftragswerts von Bauleistungen derzeit beispielsweise die Baunebenkosten und der Grundstückswert regelmäßig nicht zu berücksichtigen.

Titel

Nach oben