10.08.2012, Deutschland

Ausschluss eines insolventen Bieters erfordert Einzelfallprüfung

Selbst wenn über das Vermögen eines Bieters bereits das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, darf die Vergabestelle diesen Bieter deswegen nicht automatisch ausschließen. Ein Ausschluss gemäß §§ 19 Abs. 4 i.V.m. 6 Abs. 6 EG VOL/A erfordert eine einzelfallbezogene Prognose, ob und in welchem Umfang die Insolvenz die Leistungsfähigkeit des jeweiligen Bieters gefährdet. Das OLG Schleswig stellt strenge Anforderungen an die insoweit zu treffende Ermessensentscheidung. Demnach sind im Einzelfall die Modalitäten der jeweiligen Leistung zu beachten: bei einer einmaligen Lieferung ohne Vorauszahlung können die Gefahren geringer sein als bei längerfristig abzuwickelnden Verträgen. Zudem muss die Vergabestelle auch „Sicherungen“ durch insolvenzrechtliche Vorschriften und Prüfpflichten berücksichtigen. Je weniger sicher die Erfüllung der (künftigen) vertraglichen Verpflichtungen ist, desto eher wird die Ermessensentschei-dung für einen Ausschluss ausfallen dürfen. 

Nicht ausreichend ist hingegen ein pauschaler Hinweis in der Bieterinformation nach § 101a Abs. 1 Satz 1 GWB auf das allgemeine Risiko für die Leistungsfähigkeit durch die Insolvenz.

Praxistipp

Rechtlich zutreffend lässt das OLG Schleswig floskelhafte Allgemeinplätze für die Ermessensentscheidung nicht ausreichen. In der Praxis dürfte eine konkrete Einzelfallprognose für die Vergabestellen hingegen regelmäßig schwierig sein. Es empfiehlt sich – ähnlich wie bei der Auskömmlichkeitsprüfung – im Rahmen von Aufklärungsfragen die Darlegung konkreter Sicherungsmaßnahmen zu verlangen, die dann in der Ermessensentscheidung zu berücksichtigen sind.

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