Als „De-facto-Vergabe“ wird ein öffentlicher Auftrag bezeichnet, der ohne rechtfertigenden Grund außerhalb eines förmlichen Vergabeverfahrens vergeben wurde.
Ein öffentlicher Auftrag oberhalb der EU-Schwellenwerte ist von Anfang an unwirksam, wenn der Auftraggeber den Auftrag ohne vorherige Bekanntmachung vergibt, ohne dass dies aufgrund Gesetzes gestattet wird, vgl. § 135 Abs. 1 Nr. 2 GWB. Dies gilt auch dann, wenn der Auftraggeber trotz Überschreitung des maßgeblichen Schwellenwerts nur national ausschreibt.
Ein am Auftrag interessiertes Unternehmen kann die Unwirksamkeit des Vertrages im Rahmen eines Vergabenachprüfungsverfahrens geltend machen. Diese Möglichkeit ist im Interesse der Rechtsicherheit allerdings gemäß § 135 Abs. 2 GWB auf 30 Kalendertage ab Kenntnis bzw. auf sechs Monate nach Vertragsschluss begrenzt. Die Sechs-Monats-Frist kann der Auftraggeber durch eine freiwillige europaweite Bekanntmachung unter bestimmten Voraussetzungen der Auftragsvergabe auf 10 Kalendertage verkürzen.